Der "Buelendesch-Wänkel"
Auszug aus dem Buch "Aus dem Leben der Gemeinde Groß-Alisch"
von Dr. G. A. Schuller und Rudolf Nemenz
"Wenn das Hattertgebiet nach dieser Richtung (Anm. des Verfassers: nach Westen, zum Roderfeld hin) eine Erweiterung erfahren haben mag, so hat es in seiner Ausdehnung nach Osten eine Verkürzung erlitten. An das Marienburgfeld stößt rechtsseitig ein Waldtal, das den Namen Buelendesch-Wänkel führt. Davon wie von dem anstoßenden Hattertgebiet behaupten die Alischer, es sei dies alles noch innerhalb der Alischer Hattertgrenzen gelegen gewesen. Dann hätten die Alischer einmal in den wilden Kriegeszeiten die jetzige Hattertbrücke nicht gebessert. Ein kaiserlicher Reiter - nach anderen ein Edelmann - sei dadurch mit seinem Pferde zu Schaden gekommen und habe hohen Ersatz und Bestrafung verlangt. Um beidem zu entgehen, hätten die Alischer die Tatsache in Abrede gestellt, dass die Brücke ihnen allein gehöre; infolge dessen hätten die Marienburger sich, gestützt auf solch schiefe Entschuldigung der Alischer, in den Besitz des Hattertteils bis zur fraglichen Brücke gesetzt. Die Groß-Alischer hätten sich somit durch eigene unkluge Pfiffigkeit selber um ein schönes Stück Hattert gebracht.
Was an der in ähnlicher Fassung auch sonst (Trappold - Wolkendorf) vorkommenden Sage wahr oder wahrscheinlich ist, kann kaum mehr festgestellt werden. Lebendig geblieben ist das unausrottbare Gefühl eines erlittenen Verlustes; Anhalt dafür gibt der Name Buelendesch-Wänkel, da der Name Bolind, Buelend ein alteingesessener in Alisch ist, während er in dieser Form in Marienburg nicht vorkommt. Die Übertragung des Namens eines einst an der Spitze der Gemeinde gestandenen Geschlechts lässt die Möglichkeit zu, dass hier ein mächtiger Ortshann oder gar Ortsgräf sich auf eigene Faust ein Stück Waldland gerodet hat, das dann in irgend einer Form des Rechtes oder Unrechtes an die Grundherren von Marienburg gekommen, wobei die Gemeinde, die es in Privatbesitz fallen gelassen, sich passiv verhalten habe. - Ein Zusammenhang mit den kaiserlichen Reitern mag übrigens auch nicht ausgeschlossen sein. Als die kaiserlichen Reiter das Land zu durchstreifen begannen, also am Ende des 17. Jahrhunderts, waren unsere Gemeinden gerade infolge der steten Kriegsschäden und Kriegslieferungen derartig erschöpft und verschuldet, dass sie neue Opfer immer nur mit fremdem Gelde leisten konnten. Dies fremde Geld nahmen sie, wie die Schäßburger, Trappolder u. a. Schuldverzeichnisse jener Tage erweisen, zumeist von den nicht halb so bedrückten, ja selber bedrückenden magyarischen Grundherren auf. Dafür aber mussten sie ihnen ganze Hattertteile verpfänden. Ein solches Geschäft mag wohl auch zwischen den Alischern und den Marienburger adligen Grundherren stattgefunden haben, wobei dann das Pfandrecht in Besitzrecht übergegangen sein muss."
© R. Menning 2002